Page 7 - gefaehrliche_gezeiten
P. 7
merndem Kielwasser zurücklassend. Und dann, Minuten
später, nichts mehr. Wenige Hundert Meter achteraus ist es,
als habe es die Unruhe nie gegeben. Gleichgültig rollen die
Wellen des Atlantiks dem Horizont entgegen und die Melo-
dia segelt weiter, ohne das geringste Zeichen zu hinterlassen.
Noch mehr als solche Nächte liebt Fabian diese Stunde.
Wenn ein neuer Tag heraufzieht. Ganz besonders liebt er es,
wenn er nach Osten segelt, geradewegs in den neuen Tag hi-
nein. Immer schneller nimmt das Blau der See jetzt zu. Noch
bevor die Sonne voraus aufgeht und ihre wärmenden Strah-
len über den Horizont schickt, ist es hell. Das Wasser nimmt
Konturen an. Die Geräusche der Nacht, das Rauschen der
Bugwelle, das leise Stöhnen des Windes, das Knarren der
Blöcke geraten in der Wahrnehmung in den Hintergrund,
während wieder die Augen das Einfangen der Sinnesein-
drücke übernehmen.
Fabian genießt dieses Schauspiel mit jeder Faser jeden
Tag aufs Neue, trotz des Ärgers in der Welt. Hier draußen
auf dem Ozean ist jeder junge Tag frisch und pur und rein
wie ein neugeborenes Kind. Und es ist ein freundlicher Son-
nenaufgang, es wird heute wieder schön werden. Noch ein
Tag im Paradies, denkt Fabian zufrieden. Die Bedingungen
sind perfekt. Mäßige See, dazu Nordwestwind, Stärke vier
bis fünf. Die Melodia segelt etwas raumer als halben Winds,
der Kurs am Kompass beträgt ungefähr 70 Grad, ein Stück
nördlicher als Ost. Dabei macht sie über sechs Knoten Fahrt,
konstant. Besser kann es kaum werden.
8