Page 10 - gefaehrliche_gezeiten
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lernte. Anscheinend hatte er seinen Einkaufswagen in ihr
          Auto geschoben. Oder sie war mit ihrem Wagen, einem ver-
           beulten Renault 5 in reifem Alter, gegen seinen Einkaufs-
           wagen gefahren. Es hatte gescheppert, sie war aus dem Wa-
           gen gesprungen, zornig. Auch Fabian war schlecht gelaunt,
           denn er hasst Supermärkte, Einkaufen und Parkplätze. So
           war das gewesen. Nicht sehr romantisch, aber das, was folg-
           te, war dafür umso intensiver geworden. Sie sahen sich an.
           Wunderten sich. Erkannten etwas Vertrautes im jeweiligen
           Gegenüber. Lachten plötzlich.
              Gleich danach war sie verschwunden, um zwei Tage spä-
           ter wieder aufzutauchen. Nach drei gemeinsamen Wochen
           wie im Rausch war Fabian eines Morgens mit emotionalem
           Kater erwacht, unschlüssig, ob und wie es mit der Beziehung
           weitergehen sollte. Um sich zu sortieren, hatte er das getan,
           was ihm in unübersichtlichen Situationen immer hilft. Er
           war ausgelaufen und dem Ruf der See gefolgt. Segeln gehen
           und nachdenken. Gut 1000 Seemeilen bis zu den Azoren ver-
           schafften ihm ausreichend Bedenkzeit.
             Vom ersten Tag an hat er sie vermisst und mit jedem fol-
           genden Tag ein Stück stärker. Nun ist es ausgerechnet Cathe-
           rine, die ihn zurückschickt in die kürzlich verlassene Höhle
           der Löwin.
             Natürlich weiß sie nichts von Stephanie. Fabian ist nie red-
           selig, und bei so einer heiklen Konstellation ist er schweig-
           sam. Die international tätige Agentur für Yachtversicherun-
           gen schickt ihn in den Golf von Morbihan in der Bretagne,


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