Interview mit Weltumseglerin Mareike Guhr

Mareike Guhr ist seit 35 Jahren auf den Ozeanen unterwegs und segelte von 2012 bis 2016 mit dem Katamaran „La Medianoche“ einmal um die Welt. Über die Hälfte der MitseglerInnen auf der Weltumsegelung waren dabei weiblich. Zum Weltfrauentag berichtet uns die Powerfrau im Interview unter anderem, warum es so wichtig ist, dass Frauen sich in der Navigation auf See stärker einbringen.

Kat Moana von Mareike

Mitsegeln & Hilfsprojekte unterstützen

Mareike wird auf ihren Reisen in Etappen immer wieder von zahlreichen Segelbegeisterten begleitet. Wer Lust hat, sich von ihrer Begeisterung anstecken zu lassen, den eigenen Horizont zu erweitern und u.a. das Hilfsprojekt in Haiti zu unterstützten (10% der Chartergebühren fließen in Projekte wie Island Child Care), darf sich gerne auf ihrer Homepage umsehen!
2023 sind nach Kuba Belize, dann erneut Kuba, die ABC-Inseln und Panama geplant. 2024 segelt Mareike mit ihrem Kat "Moana" in den Pazifik.

Nicht nur für Weltumsegler:
Die NV Charts App

Die NV Charts App ist das digitale Pendant zu den NV Charts Papierseekarten, jedoch angereichert mit vielen nützlichen Funktionen rund um die Navigation, Sicherheit, Reiseplanung, den Austausch mit Anderen und die Zeit auf dem Wasser - vom Freizeittörn bis zur Regatta.
Flexibles Autorouting, Satelliten Overlay, VMG und Augmented Reality sind nur ein paar der App-Highlights.

Copyright Fotos (Katamaran und Portrait M. Guhr): K.Zillmer, M. Guhr

NV Chart Group: Du bist eine sehr erfahrene Skipperin, seit 35 Jahren auf den Weltmeeren unterwegs – gibt es heute noch Momente, wo du als weibliche Skipperin Vorurteile oder Benachteiligung erfährst?
Mareike: Sehr häufig begegnet mir Erstaunen, meist aber in freundlicher Form. Vor allem wenn ich Einhand unterwegs bin. Oft erhalte ich Hilfe, manchmal auch Belehrung, über die ich dann schmunzle und mich nicht weiter aufrege. Früher habe ich das persönlich genommen.

Wie wir im Fall der Französin Clarisse Crémer sehen konnten, wird im Regattasport immer noch stark zwischen den Geschlechtern unterschieden*. Was können Segelorganisationen und Vereine hier für mehr Gleichberechtigung tun? Müssen die Regularien der großen Regatten geändert werden, um mehr Fairness zu schaffen?
Im Fall von Clarisse Crémer sind wir ja mitten im Thema Job-Lotterie. Frauen sind von der Natur dazu auserkoren / verdammt / erwählt (jede möge hier den Begriff der Wahl nutzen) Kinder zu bekommen und dadurch benachteiligt bei der Verteilung der guten Jobs. Die Natur können wir nicht ändern, aber mehr Fairness von den Sponsoren sollten wir schon erwarten. Schließlich bringt eine Frau auch mehr Aufmerksamkeit und dieser Faktor wird gern genutzt.
Ich sehe aber wenig Ansatzmöglichkeit das Gewinnstreben der Konzerne / Sponsoren zu ändern. Für uns ist Segeln Leidenschaft, für die Konzerne ist es Business.

Segeln erfordert mitunter auch physisch viel Kraft – geraten weibliche Crewmitglieder und Skipper hier am ehesten an ihre Grenzen oder ist das deiner Erfahrung nach geschlechterunabhängig?
Ich sehe das geschlechterunabhängig und bin der Meinung, es geht hier eher um Fitness. Vielleicht auch um körperliche Konstitution. Aber es gibt, gerade beim Fahrtensegeln, eine Menge Männer, die weniger physische Power mitbringen als manche Frau. Wir Frauen wählen allerdings etwas spezifischer aus, was für uns noch handelbar ist, denke ich.

Du versuchst speziell Frauen zum Mitsegeln zu motivieren – wie sieht das genau aus?
Ich versuche Frauen zum selber segeln zu motivieren. Dazu, selbst die Verantwortung zu übernehmen und sich zu trauen. Auch hier hat meines Erachtens die Natur uns nicht gerade bevorteilt. Frauen sind meist vorsichtiger, was gut ist, aber oft den Schritt in die Selbstständigkeit hemmt. Hier versuche ich zu ermuntern, auszubilden und Selbstvertrauen aufzubauen.

Wie wichtig ist es aus deiner Sicht, dass Frauen sich in der Navigation auf See stärker einbringen?
Ich finde es ist existenziell, zu erkennen, dass Frau im Notfall auch wissen muss wo es langgeht. Navigieren ist da ein extrem wichtiger Faktor. Frauen die aktiv mitsegeln haben auch mehr Spass an der Sache.

Navigieren Frauen anders?
Frauen sind in der Regel gute Navigatoren. Konzentriert, gewissenhaft und genau.

Mit welchen Hilfsmitteln navigierst du bevorzugt: Papierseekarte, Plotter oder App?
Ich habe vor nicht allzu langer Zeit noch behauptet: „Nach Plotter fahren kommt für mich nicht in Frage!“ Ausrufungszeichen! Mittlerweile ist er mir ein sehr willkommenes Hilfsmittel, dem ich zwar nicht blind vertraue, ihn aber je nach Seegebiet doch schon vornehmlich nutze. Apps mit zusätzlichem Kartenmaterial ergänzen meine Navigation in Bereichen, wo es Widersprüche gibt und Papierkarten liebe ich weiterhin für den Überblick, den Durchblick, zum Zeigen und natürlich als Backup.

Welche Navigationsausrüstung hast du denn generell an Bord?
Ich habe zwei Plotter, ein Handy, ein Tablet, Papierkarten (mal mehr, mal weniger detailliert) und einen Sextant. (Und natürlich Kompass, Fernglas, Uhr etc.)

Was können wir als Segelsport-Community dazu beitragen, das Bewusstsein für das Thema Gleichberechtigung und Frauen in der Navigation zu fördern?
Ich denke es geht hier darum, alte Zöpfe abzuschneiden. Wer heute noch denkt, Frauen könnten weniger gut navigieren, gehört wirklich ins letzte Jahrhundert. Je weniger wir hier zwischen den Geschlechtern unterscheiden, umso besser. Ich wünsche mir, irgendwann als genauso normal oder aussergewöhnlich wie ein Mann wahrgenommen zu werden.

Du bietest auf deinem Kat Moana Mitsegeln an. 10% der Chartergebühren fließen in Hilfsprojekte (z.B. Island Child Care). Gerade bist du in der Karibik unterwegs. Welche weiteren Reviere sind 2023 für dich und deine Gäste geplant?
Ich habe gerade Medikamente und grundlegende Hilfsmittel nach Kuba gebracht. Im Frühjahr steht jetzt Belize, dann erneut Kuba (hoffentlich auch Haiti) und im Sommer die ABC-Inseln auf dem Programm. Im Herbst geht es dann Richtung Panama und kommendes Jahr in den Pazifik.

Deine Ratschläge für andere Frauen, die davon träumen, einmal um die Welt zu segeln?
Traut Euch, überwindet die Bedenken. Mitsegeln mit erfahrenen Seglern hilft Wissen aufzubauen - aber der erste Schritt selbstverantwortlich ist zwar aufregend, aber lange nicht so schwer wie vorab vermutet!

*Crémers Sponsor beendete Anfang Februar die Zusammenarbeit mit einer der besten Seglerinnen der Welt, weil er ihr als Mutter die Qualifikation für die „Vendée Globe“ nicht mehr zutraut.

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